Wir, die Stolpersteine AG, waren am 21. November zu Besuch in der jüdischen Gemeinde Braunschweig. Zu Beginn der 3. Stunde trafen sich die AG Mitglieder, um gemeinsam mit unserem Lehrer, Herrn Schönhöft, fuhren wir mit dem Bus in die Stadt.

In der jüdischen Gemeinde hatten wir ein langes Gespräch mit der Gemeindevorsitzenden Frau Wagner-Redding. Ihre jüdischen Vorfahren lassen sich über 500 Jahren nachvollziehen, doch heute ist sie die letzte Lebende einer ehemals großen Familie. Mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit bei der jüdischen Gemeinde Braunschweig ist sie sehr zufrieden. Sie erzählte uns viel über ihre eigene Geschichte, aber auch über die der Juden in Braunschweig. Sie ging offen mit den Fragen um und ließ keine unbeantwortet. Unter anderem sprach sie davon, dass es nach dem Holocaust kein deutsches Judentum mehr gegeben. Viele wären nur in Deutschland geblieben, da sie kein besseres Land gefunden hatten oder auch zu krank und schwach waren, um eine Ausreise anzutreten. Die Kultur des Landes wollten sie nicht mehr teilen. Sie sagte: „Schließlich ist Deutschland das Land der Mörder gewesen“. Ich glaube viele Schüler konnten das nachvollziehen.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es heute ca. 140.000 Juden in 104 Gemeinden. Außerdem gibt es weitere 10.000-15.000 der Juden, welche keiner Gemeinde beigetreten sind. Auch sprach Frau Wagner-Redding mit uns über die Kritik gegenüber den Juden. Sie erklärte: konstruktive Kritik gegenüber den Geschehnissen in Israel, wie zum Beispiel dem Gazakrieg fände sie in Ordnung. Jedoch handle es sich nicht um angemessene Kritik, wenn man sich vorher nicht über das Thema informiert hat. Die Betrachtung der Geschichte sei wichtig.

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Die jüdische Gemeinde Braunschweig versucht sehr offen mit Menschen in Kontakt zu treten. Anders als in anderen Städten gibt es daher weniger Sicherheitsbarrieren. Frau Wagner-Redding sagte, dass sie auch beim Eingang unsere Taschen hätte kontrollieren können. Sie selbst sei eine konservativ-liberale Gläubige. Als wirklich orthodoxer Jude sei es sehr schwierig in Braunschweig seinen Glauben zu  leben. Grund dafür sei, dass keine jüdische Kindergärten, Schulen und Lebensmittelgeschäfte mit koscherem Essen existieren. Koscher bedeutet nach den jüdischen Gesetzen „rein“.

Des Weiteren wurde uns die Synagoge gezeigt. Das Haus der Versammlung. Als wir diese betraten, mussten die männlichen Teilnehmer eine Kippa aufsetzen, was von Respekt gegenüber dem Schöpfer zeugen soll. In der Synagoge sah man deutliche Unterschiede zu evangelischen oder katholischen Kirchen. Die Synagoge ist beabsichtigt sehr schlicht und einfach gehalten. Schließlich heißt es in der jüdischen Schrift, der Thora, dass man sich kein Bild von Gott machen solle. Die Thora ist in Hebräisch geschrieben und besteht aus mehreren aufgewickelten Papyrusrollen. Jede Rolle wird von Hand abgeschrieben.

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In der Synagoge durften wir uns frei unsere Sitzplätze aussuchen. Frau Wagner-Redding erklärte uns, dass dies nicht immer der Fall war. Erst seit 1995 gibt es die religiöse Gleichberichtigung für Juden. Deshalb müssen Frauen und Männer nicht mehr getrennt sitzen.

Allein in diesem Jahr, 2017, hat Frau Wagner-Redding ca. 50 Gruppen über jüdisches Leben in der Stadt Braunschweig aufgeklärt,  darunter auch Gruppen mit Menschen mit Behinderung.

von Grete Anders